Aquarell von Rusudan Gotsiridze (Tblissi)
Jens Wolf ist 1949 am Fuß der Schwäbischen Alb geboren.
Eine Begegnung mit einem Portrait von Emil Nolde im Jahr 1962 beeindrukt ihn so stark, dass er von dieser Zeit an zu malen beginnt - mit Kohle, Kreide, Aquarell und Tusche.
Drei Grundentscheidungen in 1972 prägen sein weiteres Leben: eine Glaubensbeziehung zu Gott, die Ehe mit seiner Frau Christiane und das Leben in einer christlichen Kommunität. In diesen Jahren entstehen Zeichnungen, Karikaturen und Aquarelle zu den Themen Mensch und Landschaft.
1991 aquarelliert er mit Emil Wachter auf der Insel Patmos. Das weiße Papier wird zur Lichtquelle und beständigen Herausforderung.
Durch mehrere Begegnungen und Gespräche mit Jehuda Bacon in Jerusalem wird er in seinem künstlerischen Weg bestärkt.
Seit 2006 entsteht eine eigene Farb- und Formensprache. Er entwickelt einen freien Umgang mit verschiedenen Techniken wie Aquarell, Tusche, Grafit und Acryl. Den Malprozess beschreibt er als ein Gespräch zwischen Inspiration, Malgrund, Farbe, Werkzeug und Künstler. Seine Themen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Himmel und Erde, Humor und Ernst, Realität und Surrealem, Tier, Mensch und Gott.
Jens Wolf ist Mitglied der Jesus-Bruderschaft im Kloster Volkenroda in Thüringen. Seit 2017 lebt und arbeitet er in Ahnatal-Weimar bei Kassel.
Ich habe immer gemalt
Schon als kleines Kind faszinierten mich Stifte, Farben und weißes Papier. Doch als ich zwölfjährig einem Portrait von Emil Nolde gegenüber stand, fand die Malerei einen Weg in mein Bewusstsein - und vermutlich auch in das Unterbewusstsein. In einer Lebenskrise erreichte die ausdrucksstarke Malerei Noldes meine verwundete Seele. Und aus dieser Tiefe entstanden dann erste Bilder, die nichts Kindermalerei gemein hatten - Aquarelle, Kohle- und Kreidezeichnungen und bald auch Ölbilder.
Grund-Entscheidungen
Vor vierzig Jahren traf ich die drei Grundentscheidungen meines Lebens - ich entschied mich für einen lebendigen Glauben an Gott, ich heiratete meine Frau Christiane und wir wurden Mitglieder einer christlichen Gemeinschaft in Gnadenthal/Ts.. Jung waren wir, idealistisch waren wir, fromm waren wir und plötzlich schienen die "alten Bilder" nicht mehr in das neue Leben zu passen. Erst mit den Jahren - und mit den nicht ausbleibenden Krisen – knüpfte ich an alte Wurzeln an. Aus der Tiefe des Unbewussten stieg das Malen wieder auf als meine Möglichkeit des persönlichen Ausdrucks der Wirklichkeit von Leben und Glauben. Lange hat es gedauert, bis ich den Weg vom Wort zum Bild gefunden habe. Biblische Texte und Botschaften bewege ich nicht in einem Tage- sondern in einem Skizzenbuch. Gebete formuliere ich nicht nur mit Worten sondern oft auch mit Formen und Farben.
Das Risiko der Begegnung
"Du musst zehn Bilder malen und neun wegwerfen". Diesen Rat gab mir der badische Maler Emil Wachter bei einer Begegnung auf der Insel Patmos. Ich verstand ihn erst nach und nach. Da liegt das weiße Papier, ermutigend und herausfordernd. Ich lasse mich ein, beginne ohne Skizzierung, zeichne mit dickem Grafit, male mit breitem Pinsel. Es ist jedes Mal wie ein Sprung auf ein Drahtseil, wie eine Zwiesprache zwischen den Materialien und mir. Nicht ich kontrolliere Farbe und Papier, nicht jedes Bild gelingt, Korrekturen sind auf Büttenpapier fast nicht möglich. In diesen Prozessen verstehe ich, was es heißt, dass man im Leben nicht immer alles richtig machen muss, sondern wieder neu anfangen kann.
Die Freiheit der Sehnsucht
Als der jüdische Künstler Jehuda Bacon eine Zeichnung von mir mit den Worten kommentierte „man sieht, du hast dir viel Mühe gemacht“, da löste dies eine neue Kreativität aus. Herausforderungen, Erfolge, Krisen und Scheitern - all das gehört zu einem Leben dazu. Die Lösungen liegen nicht in der Auflösung, sondern im Integrieren von Spannungen. Der Sehnsucht Raum geben und Hineingehen in das Dazwischen – zwischen Himmel und Erde, zwischen dem Spirituellen und dem Animalischen, zwischen dem Ich und dem Du. Im Rückblick verstehe ich mein Leben als einen Weg, der noch nicht am Ziel angelangt ist. Mein Malen ist wie Suchen, getrieben von einer Sehnsucht – von dem „Nicht mehr zu dem Noch nicht“.